Wer heute Inhalte in sozialen Medien teilt, muss leider damit rechnen, dass es in den Kommentaren unter den Posts heiß her geht – Beleidigungen und Hass inklusive.
Wir alle sind mehr und mehr online, Medienschaffende publizieren mindestens genau so oft in neuen wie in klassischen Medien. Die vermeintliche Anonymität des Internets und der sozialen Medien lassen Publizisten selbst immer häufiger in den Fokus von Hate Speech geraten. Die Innitiative No Hate Speech unterstützt und schult Medienschaffende im Umgang mit Hate Speech.
Unsere Kollegen von Media Residents haben sich mit Daniel und Gilda unterhalten, die Teil der No-Hate-Speech-Bewegung sind (und damit selbsternannte BeamtInnen des „Bundestrollamt für gegen digitalen Hass“) und von Ihnen erfahren, wie man mit Hetze im Internet umgeht.
Das No Hate Speech Movement ist eine Kampagne des Europarats, die gestartet wurde, um gegen Hassrede im Netz vorzugehen. Das Ziel ist, unter anderem auch das Interesse Jugendlicher am politischen Leben und an Bürgerrechtsfragen im Netz zu fördern, auf die Gefahren, die von Hassrede und Intoleranz für die Demokratie und Menschenrechte ausgehen, hinzuweisen und natürlich auch auf konstruktive Möglichkeiten im Umgang damit.
Als Hate Speech bezeichnen wir sprachliche Handlungen gegen Einzelpersonen und/oder Gruppen mit dem Ziel der Abwertung oder Bedrohung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer benachteiligten Gruppe in der Gesellschaft. Die Person oder Gruppe muss dafür rein zahlenmäßig nicht in der Minderheit sein, andersherum sind Minderheitengruppen nicht automatisch benachteiligt.
Es gibt sicherlich viele verschiedene Wege für unterschiedliche Menschen, mit Hate Speech konfrontiert zu werden. Klar ist, dass Journalist*innen und Online-Redakteure beruflich damit immer mehr zu tun haben. Für sie gehört der Umgang mit Hate Speech also zur alltäglichen Berufspraxis dazu. Und wenn Journalist*innen auch noch über Themen wie Migration oder Rechtsextremismus berichten, wird publizieren oft zur Mutprobe.
In erster Linie, sich nicht dem Druck und der Hetze der Hater*innen zu beugen, denn oft ist deren Strategie, die Angegriffenen, seien es nun einzelne Personen oder ganze Redaktionen, so zu verunsichern, dass sie ihre Berichterstattung oder die öffentliche Verfügbarkeit von Beträgen ändern. Es gab schon Fälle, wo ganze Dokumentationen zeitweise offline gestellt wurden oder wo Teile aus Videomagazin-Beiträgen herausgeschnitten wurden. Die Hater*innen werten das dann als Erfolg und Bestätigung ihrer Einschüchterungsversuche. Gerade in solchen Fällen ist ziemliches Rückgrat gefragt. Zweitens ist es immer sehr hilfreich, wenn sich die Betroffenen klar machen, dass es nur eine sehr kleine Minderheit ist, die den Großteil von Hate Speech produziert. Das bestätigen alle Analysen zu diesem Thema. Wir haben auch einen Leitfaden für Journalist*innen erstellt, der auf unserer Website heruntergeladen werden kann. Da stehen viel kleine nützliche Tips und Informationen zum Umgang mit Hassrede drin.
Es ist sehr sinnvoll, die Diskussion über den Umgang mit Hate Speech in die redaktionellen Abläufe zu integrieren. Vom Aufstellen einer “Netiquette” über juristische Beratung – ab wann ist Hassrede eigentlich strafbar – bis zu internen Argumentationsleitfäden ist da sicher sehr viel möglich und mittlerweile auch notwendig geworden.
Wir haben aufgrund unseres Engagements auf dem Feld eigentlich täglich damit zu tun. Wir versuchen nach der Devise “laut und freundlich” zu reagieren. Wenn es eindeutig menschenverachtende Kommentare sind, löschen wir sie.
Es gibt keine Pauschallösung gegen Hassrede, alleine schon weil es sehr unterschiedliche Hater*innen mit unterschiedlichen Strategien gibt. Die User müssen selbst entscheiden, wie sie damit umgehen wollen. Wollen sie versuchen zu diskutieren, wollen sie die Hetze löschen oder auch melden, wollen sie Blocklisten einsetzen? Wir können an manchen Punkten Hilfestellungen geben und generell zu mehr digitaler Zivilcourage im Netz ermuntern. Denn es braucht die laute und freundliche Mehrheit um sich nicht von der Hater*innen-Minderheit in die Pfanne hauen zu lassen. Aber ein genereller Rat ist: Ruhe und Distanz bewahren. Zurückpöbeln ist eine menschlich verständliche Reaktion, produziert aber oft nur weitere Energie für den Shitstorm.
Wichtig ist, seine Privatsphäre zu schützen. Wenn erst private Telefonnummern oder Adressen in die Öffentlichkeit gelangen, dann werden aus Online-Hate-Speech in manchen Fällen auch handfeste Übergriffe und Belästigungen in der Offline-Welt. Die User sollten auch ihre Accounts vor Identitätsdiebstahl schützen. Wichtigster Punkt dabei sind sichere Passwörter. Auf Facebook gibt es darüber hinaus Gruppen wie #ichbinhier, die konkret Betroffene unterstützen können.
Der Leitfaden ist speziell für Journalist*innen, aber es finden sich darin auch allgemeine Informationen, die bestimmt auch für Nicht-Journalist*innen interessant und wichtig sind.
Wir veranstalten Workshops für Journalist*innen und Redaktionen, aber auch für Schulklassen und Studierenden-Verbände. In den kommenden Wochen gibt es auch noch eine Veranstaltung für Menschen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren. Dort sind auch sehr viele Menschen mit Hassrede konfrontiert. Wir versuchen, möglichste viele Anfragen positiv zu beantworten. Wir kommen nur manchmal nicht damit hinterher.
Wer uns unterstützen will, kann uns bei Facebook abonnieren oder bei Twitter und Instagram folgen. Wir haben auch noch eine Website und einen Youtube-Channel. Den Content liken und ab und zu mal teilen, wäre super. Außerdem ganz generell: sich mehr in die Debatten einklinken. Wenn ihr Hassrede mitbekommt, sagt laut und deutlich, dass ihr damit nicht einverstanden seid. Wenn das mehr Menschen machen, nimmt das den Hater*innen die Deutungshoheit. Mehr Counter Speech, mehr Zivilcourage, auch im Netz. Da muss die Reise hingehen.
Dieses Interview erschien zuerst auf dem Blog von Media Residents. Media Residents ist ein Projekt von Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland und wird gefördert vom Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Zum Angebot von Media Residents gehören ein offener Coworking Space, Technikverleih und Workshops für alle mit Publikationshintergrund.
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